Priv.-Doz. Dr. habil. Michael Riemer (Johannes Gutenberg-Universität Mainz):
Die Grenzen der Vorhersagbarkeit: Einblicke aus Sicht der Atmosphärendynamik
Vorhersagbarkeit stellt ein faszinierendes und gesellschaftlich höchst relevantes Problem
dar. Die Grenze der Vorhersagbarkeit steht in direktem Zusammenhang mit dem Wachstum
von Vorhersagefehlern. Nach der bahnbrechenden Arbeit von Ed Lorenz in den späten
1960er Jahren haben viele Studien die Dynamik, die diesem Wachstum zugrunde liegt, grob
vereinfacht betrachtet: nämlich so, als ob sich die Atmosphäre bezüglich ihrer
Skalenwechselwirkungen wie homogene, isotrope Turbulenz verhalten würde. Durch die
Anwendung einer auf potentieller-Vorticity-Dynamik basierenden Diagnostik konnten wir
neue Erkenntnisse über die Zunahme von Vorhersagefehlern in den mittleren Breiten
gewinnen.
In einem konzeptionellen, mehrstufigen Fehlerwachstumsmodell wird das
divergente Ausströmen in der oberen Troposphäre als der effizienteste Prozess identifiziert,
der Unsicherheiten in der Darstellung von Feuchtprozessen auf die Tropopausendynamik
projiziert. Nichtlinearitäten in der Rossby-Wellendynamik dominieren dann das weitere
Wachstum, während die direkte Rolle der baroklinen Instabilität im Gegensatz zu weit
verbreiteten früheren Vorstellungen im Mittel gering ist. Unser verbessertes
mechanistisches Verständnis des Fehlerwachstums zeigt schließlich einen Weg auf, um
Vorhersagesituationen zu identifizieren, in denen die Grenzen der Vorhersagbarkeit bereits
erreicht sind, d.h. in denen keine weiteren Verbesserungen an modernen
Vorhersagesystemen zu einer messbaren Steigerung der Vorhersagequalität führen würden.
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